Die Bedeutung von Grünflächen für die Biodiversität im Siedlungsraum

Dach- und Fassadenbegrünung ist kein Ersatz für Grünflächen. Grünflächen spielen eine grundlegende Rolle für die Biodiversität. Ihr Verlust führt unweigerlich zu einem Rückgang der Artenvielfalt. Die Verbesserung der Qualität von Grünflächen kann den quantitativen Flächenverlust der Biodiversität nur teilweise kompensieren. Begrünte Dächer und Grünflächen bieten zusätzliche Lebensräume, ersetzen natürliche Habitate jedoch nicht vollständig. Die Nachbildung natürlicher Lebensräume in der Stadt und deren Vernetzung erhöhen den ökologischen Wert des Siedlungsraums erheblich.

Die WSL-Studie «Biodiversität im Siedlungsraum» zeigt die prozentualen Anteile der Grünflächen im Siedlungsraum von drei Schweizer Städten auf: Grünflächen machen 82% aus, Dachbegrünungen 15% und Fassadenbegrünungen 3%.

Vorteile der Dach- und Fassadenbegrünung

Neben der Förderung der Biodiversität bieten begrünte Dächer und Fassaden zahlreiche weitere Vorteile. Sie schaffen eine Landschaft, in der Vielfalt gedeiht, wobei die Natur als Vorbild dient. Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen Gewohntem und Erwünschtem zu finden.

Dachbegrünung bringt viele Vorteile mit sich: Wasserrückhalt, Wärmedämmung, Auffrischung des Daches, Förderung der Biodiversität und Luftreinigung.

Bei der Dachbegrünung unterscheidet man zwischen intensiver Begrünung, die begehbar ist und Pflege erfordert, und extensiver Begrünung, die nicht begehbar ist und pflegeleicht bleibt.

Die neuen Gesetze der Stadt Lausanne empfehlen ein Substrat von 12 cm, was über die Norm SIA 312 hinausgeht, die 10 cm vorsieht. Als Substrat können mineralische Baustoffe, Aushubmaterial und Pflanzsubstrate verwendet werden.

Ein zentrales Thema ist die Kombination von Solaranlagen und Dachbegrünung. Studien zeigen, dass die Leistung von Solaranlagen durch Begrünung um 1 bis 8% gesteigert werden kann, da die Temperatur des Daches niedriger ist. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Wartung des Daches. Monteure der Solaranlage und Gärtnerinnen müssen entsprechend ausgebildet werden. Die Städte Zürich, Lausanne und Basel tauschen sich intensiv aus, um diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern.

Copyright: Dachbegrünung, Gewerbehaus Noerd, Zürich Oerlikon

Auch die Fassadenbegrünung bringt viele Vorteile mit sich, unter anderem thermische Regulierung, Förderung der Biodiversität, Ästhetik, ein ausgeglichenes Wassermanagement und die Verbesserung der Luftqualität.

Die Vorteile begrünter Dächer und Fassaden gehen weit über die Förderung der Biodiversität hinaus. Architekten, Planer und Bauingenieure sollten diese Vorteile in die Gebäudeplanung einbeziehen und Begrünung nicht nur als ästhetisches Element betrachten, sondern als integralen Bestandteil der nachhaltigen Stadtentwicklung.

Copyright: Fassadenbegrünung, Baugenossenschaft mehr als Wohnen, Zürich Oerlikon

Projekte erleben

Im Rahmen der Exkursion am zweiten Kurstag unseres Kurses «Lebendige Architektur» in Lausanne durften wir insgesamt sechs konkrete Projekte anschauen, von denen einige mehr und einige weniger erfolgreich waren. Die weniger erfolgreichen Projekte boten den Teilnehmenden die meisten Verbesserungsvorschläge.

Bei der Besichtigung des Daches, das neu genutzt wird, waren Bauherren, Architekt*innen und auch die Referierenden und Teilnehmenden von dem Wow-Effekt des begrünten Daches begeistert. Ein Jahr nach Abschluss des Projekts beeindruckte die Vielfalt der Pflanzen, Insekten und Blumenfarben.

Ein zweites Projekt befasste sich mit der üblichen energetischen Sanierung eines Mehrfamilienhauses, die durch die neue Gestaltung der Terrasse und Aufteilung des Gartens im Erdgeschoss verbessert wurde. Anstelle des üblichen, geschnittenen Rasens wurde in diesem Garten einen Wald mit mittelgrossen Bäumen gepflanzt, der ebenfalls sehr lebendig war und zu einer Hitzeabmilderung beitrug. Die Projekte verdeutlichen, dass es Mut braucht, um lebendige Architektur umzusetzen. Doch dieser Mut wird mit einer verbesserter Hitzeminderung, einer höheren Biodiversität und nicht zuletzt mit einem lebendigen und anschaulichen Resultat belohnt.

Datum
10/2025
Autor
Jordan Kouto
Co-Autoren
Auftraggeber
sanu future learning ag
sanu future learning ag
Literatur zum Thema
Anhang